Es war ein Fest für die Sinne, ganz abgestimmt auf die Arbeiten der diesjährigen Preisträgerin Aja von Loeper aus Nürnberg.
Zum 6. Mal verliehen acht SI-Clubs in der Metropolregion Nürnberg einen mit 5.000 Euro dotierten Preis an eine Künstlerin aus der Region. Es war ein Fest für die Sinne, ganz abgestimmt auf die Arbeiten der diesjährigen Preisträgerin Aja von Loeper aus Nürnberg. Mit ihren poetisch reliefierten klein- und großformatigen Arbeiten regt sie zum Schauen, Erkunden, Staunen, Befühlen und Nachdenken an. Man sitzt davor und kommt zur Ruhe oder man umkreist die Werke und besieht Vorder- und Rückseite, das Spiel mit Erhabenheit und Vertiefung, mit Licht und Schatten. Es ist zum Staunen und es reift die Erkenntnis: weiß ist nicht weiß. Aja von Loeper interagiert „nur“ mit weißem Papier und es ist unglaublich, welche Strukturen und Oberflächenveränderungen sie mit einem kleinen Holzkolben, Kraft, Mut, Geschick, Ausdauer und Erfahrung dem Papier abringt.
„Ein Preis für Papier und Poesie“ titelte die Coburger Presse. Die Preisverleihung fand in diesem Jahr in Coburg in den Räumen des Kunstvereins, vom SI-Club Coburg organisiert, statt und es hätte zu diesem Anlass keinen passenderen Rahmen für Aja von Loeper und ihre Kunst geben können. Die Verbindungen zu Coburg sind eng. Kreativ wie die Kunst, wurde auch das Programm gestaltet. Im dialogisch bestuhlten Raum entstand in der Mitte Fläche für die Sequenzen von vier Tanzenden vom Ballett des Landestheaters Coburg, die thematisch auf die Arbeiten von Aja von Loeper abgestimmt waren. So konnten auch die Ehrengäste, unter ihnen unsere SI-Deutschland-Präsidentin Manuela Nitsche, die Geschäftsführerin der Europäischen Metropolregion Nürnberg Dr. Christa Standecker, der Bürgermeister der Stadt Coburg Can Aydin und die Laudatorin Dr. Barbara Kahle nicht nur während ihrer Grußworte sichtbar sein. Alle acht am Preisverfahren beteiligten SI-Clubs regten durch zwischenzeitlich programmatisch platzierte Statements zum Nachdenken über die Brisanz der Kunstförderung von Frauen an. Aus der Mitte der 100 geladenen Gäste erschienen jeweils eine Clubschwester, stehend wie mahnende Säulen und trugen immer noch bedenkenswerte Tatsachen zur Situation von Künstlerinnen in unserer Gesellschaft vor:
Wussten Sie, dass wir die Kunst aus Tradition als eine männliche Domäne betrachten?
Wussten Sie, dass Frauen in Ausstellungen, Sammlungen, Gremien und Jurys weltweit noch immer stark unterrepräsentiert sind?
Wussten Sie, dass Künstlerinnen für ihre Werke im Allgemeinen nur einen Bruchteil dessen erzielen, was ihren männlichen Kollegen geboten wird, und dass das Gender Pay Gap 24% beträgt?
Wussten Sie, dass Frauen in Deutschland das Studium der Bildenden Künste erst ab 1919 (Berlin) bzw. ab 1920 (München) erlaubt war und sie in der Zeit des Nationalsozialismus erneut aus den Universitäten verdrängt wurden?
Wussten Sie, dass hunderte von Künstlerinnen aus der Kunstgeschichte wie auch aus der Literaturgeschichte ausgeschlossen wurden und in Vergessenheit gerieten?
Wussten Sie, dass das Standardwerk für Kunstgeschichte, „Die Geschichte der Kunst“ von Ernst Gombrich erst in der 16. Auflage im Jahr 1996 die erste Kunstschaffende enthielt?
Wussten Sie, dass es als das größte Hindernis in der Kunst gilt, eine Frau zu sein?
Wussten Sie, dass die meisten Künstlerinnen sich heutzutage dagegen wehren, ihre Kunst mit ihrem Geschlecht in Verbindung zu bringen?
Alle Aussagen basieren auf Recherchen in den Medien und zeigen: Frauen in der Kunst haben es schwerer als ihre männlichen Kollegen! Das gibt allen Grund, etwas dagegen zu tun! So schreiben acht Clubs in der Metropolregion Nürnberg seit 2013 alle zwei Jahre einen dotierten Kunstpreis für akademisch qualifizierte Künstlerinnen der Metropolregion aus. Das Preisgeld wird zu gleichen Teilen von den Clubs Nürnberg, Fürth, Erlangen, Forchheim, Bamberg Wilde Rose, Bamberg Kunigunde, Coburg und Hof gestiftet. Die Organisation der Ausschreibung, der Preisträgerinnen-Ermittlung und der Preisverleihung wechselt reihum. Für den Kunstpreis 2024/2025 war unser Club Coburg zuständig, zu dem auch Soroptimistinnen aus den bayerisch/fränkischen Landkreisen Lichtenfels/Bad Staffelstein sowie dem thüringischen Landkreis Hildburghausen gehören. Aus jedem dieser Clubs werden zwei Delegierte in ein gemeinsames Kunstpreiskomitee entsandt, die an allen wichtigen zu treffenden Entscheidungen mitwirken.
Auf einer dafür eingerichteten Internetplattform können sich Frauen bewerben, die ein akademisches Kunststudium abgeschlossen haben, in der Metropolregion leben und arbeiten sowie ihr Haupteinkommen durch ihre Kunst bestreiten. Für den Kunstpreis 2025 gingen 37 gültige Bewerbungen ein. Zur Auswahl der Preisträgerin werden drei Fachjurorinnen, z.B. Museumsleiterinnen, Kunsthistorikerinnen und die jeweils letztmalige Preisträgerin eingeladen, die gemeinsam mit den Stimmen der Clubs die Erstplatzierte ermitteln.
Hinter unserer Arbeitsgruppe vom Club Coburg, allen voran Barbara von Mengershausen und Gabi Ketteler, die auch sehr charmant und inspirierend durch das Programm der Preisverleihung führten, liegen zwei Jahre intensiver Beschäftigung mit der Kunst aber auch mit organisatorischen Fragen. Es hat Spaß gemacht, in einer Gruppe von Gleichgesinnten die unterschiedlichen Talente einbringen zu können und gemeinsam zu einem sehenswerten Ergebnis zu formen.
Durch die Treffen mit den Kunstpreis-Delegierten der sieben anderen Clubs in regelmäßigen Abständen ist die SI-Region Nürnberg wieder ein Stück enger zusammengerückt.
Prädikat: zur Nachahmung empfohlen!
In einer vierwöchigen Ausstellung sind eine Auswahl der Werke der Preisträgerin vom 15. November bis 14. Dezember 2025 im Kunstverein Coburg anzuschauen. Unser Club wird sich in dieser Zeit auch mit einer Veranstaltung präsentieren, die sowohl SI- International als auch unsere Projekte in Coburg und Umgebung bekannter machen sollen. Alle Clubschwestern sind deutschlandweit herzlich dazu eingeladen!
www.kunstverein-coburg.de
Angela Wodraschke-Hanke, Club Coburg
15.10.2025